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Aufnahmen von Tillandsienstandorten in Brasilien

 

Brasilien nimmt unter den Heimatländern der Tillandsien eine Sonderstellung ein. 


Nirgendwo sonst gibt es solch gigantische Felswände und Berge,  auf denen Tillandsien, andere Bromelien und auch Kakteen wachsen, andererseits aber auch verwüstete, nur mehr mit Gestrüpp bedeckte Gebiete von derartig ungeheuren Ausmaßen.

Nirgendwo sonst gibt es so viele endemische Arten, die auf ein kleinstes Areal beschränkt sind, oft nur auf eine einzige Felswand oder auf eine Seite eines Inselberges.

Ein Phänomen ist es, dass es gerade in Brasilien mit seinem gleichmäßigen Klima möglich ist, dass auf sehr nahe beieinander gelegenen Felswänden jeweils vollkommen verschiedene Arten wachsen. So kann es sein, dass eine Art auf einem Berg endemisch wächst, auf den nur wenige hundert Meter entfernten Wänden des Berges daneben aber gar nicht vorhanden ist, oder in einer wieder abweichenden Form, und dass es auf diesem Nebenberg, und nur dort, eine weitere endemische Art gibt. Die Ursache mag vielleicht eine geringere Flugfähigkeit der Samen bei felsbewohnenden Arten sein.  

rechts: Blick über einen Teil der Stadt Rio de Janeiro mit ihren zahlreichen Felsgipfeln

Das ist allein schon in Rio de Janeiro mit ihren Felsgipfeln mitten oder am Rand der Stadt der Fall, wo  gerade einige der seltensten Tillandsienarten und -varietäten (T. sucrei, T. brachyphylla, T. araujei var. minima) ausschließlich auf einigen Felszapfen und -Bergen im Stadtgebiet von Rio de Janeiro endemisch sind, da sie nirgendwo sonst wachsen.

 

 

 

 

T. sucrei (rechts) und T. brachyphylla (links), Rio de Janeiro. 

 

 

 

 

 

 

unten Inselberge am Rio Frades, ca. 2000 m hoch, Orgelgebirge

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der über viele Jahrzehnte erfolgte Kahlschlag der Wälder bedroht den Bestand an Epiphyten und hat auch manche Bromelienarten an den Rand der Ausrottung gebracht. Besonders arg betroffen ist der atlantische Regenwald am Ostsaum des Kontinents.

 

 

 

links: Ausschnitt aus einer Felswand am Rio Jururucu, 100 m, Bahia; auf den nahezu senkrechten, glatten Felsen wachsen eine Tillandsia ähnlich der T. araujei var. minima, Vriesea bituminosa und Coleocephalocereus spec.

 

 

 

 

 

 

 

 

rechts und unten: kleine Form von T. araujei aus dem Bundesstaat Bahia, Rio Jururucu, 100 m; trotz der großen Entfernung nahezu identisch mit T. araujei var. minima aus Rio de Janeiro, aber vermutlich als
T. appariciana beschrieben

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quesnelia marmorata, Espirito Santo

 

 


rechts: Quesnelia marmorata,
Santa Teresa, 600 m, Espirito Santo

unten : ein Waldbewohner unterhalb der Felswand:
T. globosa
, Rio Jururucu, 100 m, Bahia;

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Eine der häufigsten Tillandsien in Brasilien, aber deshalb nicht weniger schön, ist T. stricta; abgebildet ist eine etwas graublättrige Form am Weg nach Novo Friburgo, R.d.J.

 

Tillandsia geminiflora

 

 

 

 

unten links : T. geminiflora von der Ilha Cabo Frio, 100m, Rio de Janeiro 

 

 

 

 

Von T. crocata gibt es mehrere Naturformen in unterschiedlicher Größe; rechts abgebildet die vermutlich kleinste und zarteste von allen, Fundort Osorio in Südbrasilien, im Jahr 1979 erhalten.

 

 

 

 

 

rechts : Vriesea plurifolia von einer Felswand
bei Linhares, 250 m, Espirito Santo

 

 

 

 

 

 

   

rechts : T. tenuifolia var. strobiliformis

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

T. sprengeliana ist im Küstengebiet des Bundesstaates Rio de Janeiro beheimatet und eine der hübschesten Kleintillandsien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 rechts:: T. kautskyi 

 

 

 

T. gardneri v. gardneri am Rio Frades, 1400 m, Orgelgebirge

 

 

 

 

   

 

 

 

 

rechts : T. recurvata, Encholirium horridum, Buiningia brevicylindrica;
Pedra Azul, 700m, Minas Gerais

 


Tillandsia araujei, T. streptocarpa, Bahia

Tillandsia cf.araujei, Bahia

 

Ein Glück, dass in Brasilien viele der interessantesten Tillandsien Felsbewohner sind und damit weniger gefährdet scheinen.

 


 Steilwände an einem Morro bei Milagres:
rechts:
T. tenuifolia var. saxicola;

 

 


links und links unten: 
T. jequiensis T. iassuensis
 1000 m, Bahia

 

Tillandsia araujei, T. streptocarpa, Bahia

 

 

 

T. kurt-horstii, Buiningia aurea, Minas Gerais
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

rechts : T. graomogolensis (Syn. T. kurt- horstii), Taboeiras, 700m, Minas Gerais

 

 


Tillandsia gardneri var.rupicola, RioT. gardneri var. rupicola


rechts und unten :

endemisch (d.h. ausschließlich dort wachsend) auf den Küstenfelsen der Ilha Farol (Cabo Frio), ist
T. gardneri
var. rupicola

T. gardneri var rupicola fa. alba

 

 

 

 

 


Noch seltener als die rosa blühende Population
ist bei T. gardneri
var. rupicola die Form
mit den stark einseitswändigen, krallig
gebogenen Blättern und den weißen Kronblättern.


 

So wie T. gardneri var. rupicola wächst auch die grünblättrige, sukkulente Form von T. neglecta (Abbildungen unten und rechts) auf den Küstenfelsen der Halbinsel Arraial do Cabo Frio nur wenige Meter oberhalb des Meeresniveaus. Man könnte sich vorstellen, dass die Pflanzen, die hier an zur offenen See gerichteten Felsen wachsen, bei hohem Seegang sogar etwas von der salzigen Gischt abbekommen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Besonderheit für sich sind die rot blühenden brasilianischen Kleintillandsien.

Frau Renate Ehlers aus Stuttgart hat diese Gruppe durch viele Jahre untersucht. Ihre Arbeit und die Neubeschreibungen einiger Arten wurden 1996 im Sonderheft 3 der Deutschen Bromeliengesellschaft ("Die rotblühenden brasilianischen Tillandsien") veröffentlicht.

 

Frau Ehlers begann ihre Publikation mit den Sätzen :
"Die rotblühenden Tillandsien Brasiliens gehören zum Schönsten und Kostbarsten, was uns die abwechslungsreiche Gattung der Tillandsien bieten kann. Zur Blütezeit entfalten sie ein wahres Feuerwerk an leuchtenden Farben, so dass auch der nicht vom Bazillus Bromelien befallene Betrachter seine wahre Freude hat." 

Besser kann man die Schönheit dieser Kleinodien gar nicht beschreiben.

Tillandsia organensis, R.d.JTillandsia organensis, R.d.JUnd sehr klein sind einige von ihnen wirklich. T. sprengeliana, T. kautskyi, T. brachyphylla, T. organensis, T. heubergeri u. a. werden kaum größer als        5-6 cm, bringen aber einen himbeerrot leuchtenden Blütenstand hervor,  der bei manchen Arten fast so groß ist wie die ganze Pflanze.

Einige dieser Arten wachsen in unerreichbarer Höhe auf nahezu senkrechten Felswänden. Sie sind offenbar so begehrt, dass sogar versucht wurde, diese Schätze mit  Seilmannschaften und Hubschraubern zu sammeln, obwohl manche Arten in Höhen von beinahe 2000 m wachsen und durchaus schwierige Pfleglinge sind, wie zB. T. reclinata und T. organensis.

 

 T. heubergeri, Bahia


 
T. heubergeri, Bahia
oben : T. organensis auf einem Gipfelfelsen im Orgelgebirge in 1900m Höhe; sie wächst hier vergesellschaftet mit
T. carminea
. Im Hintergrund des rechten Bildes der sogenannte Dedo de Deus (Gottesfinger), ein besonders bizarrer Felszapfen


 

rechts : T. heubergeri wächst auf Tafelbergen
in der Chapada Diamantina, 1000 m, Bahia.

 

 

 

Die Felswände wurden im Laufe von hunderttausenden Jahren immer wieder von baum-
wachsenden Epiphyten besiedelt, die auch diesen Lebensraum zu erschließen versuchten.

Formen der in Brasilien sehr häufigen T. stricta gingen zu verschiedenen Zeiten dazu über,
auf Felswänden zu wachsen.
Geschah die Besiedlung erst vor tausenden Jahren, dann konnten sich die Pflanzen noch nicht in ihrer Wuchsform an die Bedingungen des neuen Standorts anpassen.

oben : einer der Inselberge am Rio Frades;
an den steilsten und glattesten Abschnitten
wächst eine Tillandsia ähnlich der T. araujei.

Bei Regengüssen kann das Wasser in breiten Bahnen die Felswände herabkommen, Erde, Moos und Flechtenreste mit sich reißend. Zwischen den locker stehenden, nach oben gerichteten Blättern von Tillandsien sammeln sich herabgeschwemmte Erde und Pflanzenreste an, und die Last dieser Fracht erhöht die Gefahr, dass die Pflanze von der Felswand losgerissen wird und herabfällt.
Die Assimilationsleistung wird durch die Verschmutzung herabgesetzt und es besteht erhöhte Fäulnisgefahr durch langanhaltende Nässe.

Liegt die Besiedlung der Felswand Jahrhunderttausende zurück, dann konnten sich untT. carminea, Orgelgebirgeer diesen extremen Bedingungen abweichende Formen durchsetzen, die weniger gefährdet waren.
T. carminea, unzweifelhaft ein Abkömmling von T. stricta, ist dazu  übergegangen, die Blätter krallig nach oben zur Wand zu biegen und dicht dachziegelartig übereinanderzulegen. Auf diese Weise bleiben von oben herabgeschwemmte Verunreinigungen nicht so leicht an der Pflanze haften.

T. carminea, 1900m, Orgelgebirge bei Teresopolis

Eine andere erfolgreiche Wuchsform ist es, die jungen, sich ausbildenden Blätter zu einem spitzen Kegel nach oben zu richten, während die wenigen älteren Blätter flach oder sogar leicht nach unten abgespreizt sind, wie es zB. T. organensis der Fall ist. 

Manche Arten aus der Verwandtschaft von T. geminiflora sind durch eine ganz besondere Wuchsform an diese extremen Bedingungen angepasst : sie wachsen, was ganz uT. reclinata, Orgelgebirgenüblich ist, mit dem Zentrum nach unten gerichtet, und sind durch die älteren, herabgeneigtenBlätter vor Verletzung und Verschmutzung des Vegetationszentrums geschützt.

 links : T. reclinata auf einem Gipfelfelsen in 1900m Höhe, Orgelgebirge

unten : T. graziellae, 800 m, Orgelgebirge

 

Zu diesen gehören T. graziellae, endemisch auf einer einzigen Felswand im Orgelgebirge, ihre kleinere Schwester, T. reclinata, die nur von wenigen Felsen eines einzigen Tales bekannt ist, und T. thiekenii , die erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde.

 

T. thiekenii

 

 

 

rechts : T. thiekenii,
1900m, Orgelgebirge.

 

 



  last modified  30. 07. 2022

 

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