Tillandsien in
Mexiko
Mexiko kann nicht nur als
das Eldorado für Kakteen-, sondern auch für Tillandsienfreunde
angesehen werden. Der
besondere Reichtum an kulturwürdigen Arten aus unterschiedlichsten
Vegetationszonen hat seine Ursache in der
landschaftlichen Vielfalt, die von Feuchtgebieten über Wüsten und von mit
Urwald
bedeckten Ebenen bis hin zu alpiner Vegetation reicht.
Die Hauptfläche des Landes wird von einem Hochlandblock
gebildet, der Meseta Central, die der südliche Ausläufer des nordamerikanischen
Kontinentes ist. Seine Breite nimmt von 1600 km an der Grenze zur
USA bis auf 210 km an der Landenge von Tehuantepec ab. Die nördliche
Hochfläche ist ein Plateau mit Beckenlandschaften in durchschnittlichen
Höhen zwischen 900 und 1200m mit unregelmäßigen, geringen
Niederschlägen, sodass Wüste bis Halbwüste, Trockenwald oder
Dorn- und Sukkulentensavannen vorherrschen.
Im südlichen Teil steigt
diese Hochfläche auf 3000 m an und wird im Westen vom Pazifik und den
Bergketten der Sierra Madre Occidental begrenzt (höchste Erhebung
hier ist der Nevado de Colima, 4339
m), im Osten von der Sierra Madre Oriental und dem Atlantik. Vorherrschende
Vegetationsform in den ariden Gebieten ist die Dornstrauchsteppe mit Yuccas,
Agaven und Riesenkakteen und Buschwald oder Laub abwerfender Trockenwald
mit aufsitzenden Epiphyten.
Oben: Der baumförmig wachsende
Kandelaberkaktus Backebergia (Pachycereus) militaris bei Tecalitlan,
300m, Jalisco.
Rechts:
Nevado und Volcan de Colima, 4339 m, Colima.
Eichenwald mit Epiphyten in der Sierra Madre
Occidental, Jalisco, zur Trockenzeit
Das
südliche Hochland besteht aus großen Talbecken, die durch Bergketten
und Vulkangipfel voneinander getrennt sind. Eine vulkanische
Bergkette
verläuft vom Westen, von der Sierra Volcánica, durch das Tal
von Mexiko nach Veracruz
an der Ostküste. Die höchsten Gipfel des Landes befinden sich in
diesem Gebiet: Der Iztaccíhuatl
mit 5286 m, der Nevado de Toluca mit 4575 m, sowie die noch aktiven Vulkane Citlaltépetl
(Pico de Orizaba) mit 5700 m und der Popocatépetl
mit 5452 m Höhe. Die
Vegetation ist von der Höhenlage abhängig und geht von
savannenartigen, sukkulentenreichen Trockenformationen im Hochlandplateau
auf den Bergen in Eichen- Kiefernwälder
über, und mit
zunehmender Höhe, z.B. an den Vulkanhängen, in reine Kiefernwälder. Die Waldgrenze liegt
bei 3900 - 4000 m, oberhalb gibt es nur mehr Gras- und Schuttfluren mit hohen
Horstgräsern.
Die im Südwesten
anschließende Senke des Rio Balsas, in den Bundesstaaten Guerrero und
Michoacan in Küstennähe parallel zum Pazifik gelegen, ist ein breites,
über 700 km ausgedehntes Talgebiet, heiß
und niederschlagsarm, mit niedrigem Trockenwald und Dornbuschsavanne.
Entlang der Küste und das Hochland im Süden abschließend, breiten
sich die bewaldeten Gebirgslandschaften der Sierra Madre del Sur aus, mit ihren tiefen und
schmalen Tälern, die von den meist mehr als 2000 m hohen Gebirgskämmen
umschlossen sind. Es
gibt nur
wenige Straßen, welche die Berge überqueren.
Der
Isthmus von Tehuantepec, zwischen der Sierra Madre del Sur und dem
Hochland des südlichsten Bundesstaates, Chiapas, gelegen, ist der schmalste Landgrat Mexikos, wo nur ca.
200 Kilometer den Golf von Mexiko vom Pazifik trennen. Diese Landenge bedeutet auch den Übergang von Nord- nach
Mittelamerika. Hier vereinigen sich die beiden Höhenrücken der
Sierra Madre zu einer Bergkette, die bis nach Südamerika reicht und in die
Anden übergeht.
Südlich des
Isthmus schließt eine etwa 350 km breite gebirgige
Region bis an die Grenze zu Guatemala an, das Hochland von Chiapas mit
einer durchschnittlichen Höhe von 2000 m und einzelnen bis 4000 m hohen
Vulkanbergen. Vorherrschend hier ist Trockenwald oder tropischer,
immergrüner Berg- und Höhenwald.
Nördlich des Hochlands und entlang
der Küste von Veracruz und über die Halbinsel Yucatan verläuft ein
breiter Streifen tropischer, immergrüner Wald, bzw. Regenwald.
aus Gierloff-Emden 1970.
Mexiko. Eine Landeskunde.
Viele
Tillandsienarten sind weit verbreitet und an
unterschiedliche Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse weitgehend
angepasst.
Zu diesen gehören z. B.
T. juncea, T. schiedeana, T. recurvata und
weitgehend auch T. ionantha. Die Pflanzen sind entsprechend der jeweiligen
Standortbedingungen entweder von sehr sukkulentem Habitus und haben dicke, starre Blätter mit dichter Beschuppung,
sie können aber auch
eine grazilere Wuchsform haben und fragilere, grünere Blätter.
T.
juncea, Tuxpan,1700m, Michoacan
Links
: dichter Bewuchs mit T. recurvata, dazwischen T. grandispica aus
der Gruppe um T. atroviridipetala.
Rechts
: T. makoyana.
Beide
Aufnahmen : Malacate, 1700m, Michoacan.
Als
Unterschied zu den weit verbreiteten Arten zeigt sich bei den Vorkommen
vieler anderer Tillandsien eine deutliche
Höhengliederung und auch eine starke Abhängigkeit
von der Menge an Niederschlägen. Deshalb sollten die einzelnen Arten hier auch möglichst
entsprechend ihrer Herkunft gezeigt werden. Allein aus Mexiko sind ungefähr 200
Tillandsienarten bekannt, von denen aber nicht einmal noch alle bisher
entdeckten beschrieben sind. Daher ist es nicht möglich , hier
mehr als nur eine kleinere Auswahl vorzustellen.
Dass
bestimmte Standortansprüche erfüllt sein müssen und auch das richtige Kleinklima
vorhanden sein muss, zeigt sich allein schon an der eigentlich weit
verbreiteten T. usneoides. Sogar diese Art ist
durchaus nicht gleichmäßig
über ein größeres Gebiet verteilt, wie man sich das vielleicht
vorstellen mag.
Während T. usneoides anderswo völlig fehlt, kann es an
bestimmten Stellen ein Massenvorkommen davon geben, so wie das auch bei anderen
Tillandsienarten der Fall sein kann.
Links ein Massenbestand von
T. usneoides HR 15098 mit T.
calothyrsus HR 15097 (rechts) in einem Eichenwald im
Norden des Dept. Oaxaca in 2000 m Höhe.
So
kann man auch öfter das Phänomen
beobachten, dass über ein großes Gebiet auf den Bäumen kaum ein Epiphytenbewuchs
vorhanden ist und auch
Tillandsien nur sehr selten zu sehen sind. Aber unvermutet
steht dann ein einzelner Baum da, von der gleichen Art wie die anderen, der übervoll mit Tillandsien
ist.
Besonders überraschend ist es dann natürlich, wenn dieser Bewuchs aus bis
dahin
unbekannten Arten besteht, die man noch nie gesehen hat, und von denen
sich herausstellt, dass sie tatsächlich noch unbekannt sind.
So war es einmal in einem Trockengebiet
der Fall, mit den beiden damals neuen Arten T. weberi, einer
Verwandten aus der T. paucifolia- Gruppe, und
der farbenprächtigen T.
macvaughii.
T.
macvaughii HR 12115 bei Jilotlan de los Dolores, 600m, Michoacan
Auch
in tropischen Waldgebieten konzentriert sich besonders üppiger
Bewuchs mit Tillandsien oft auf einzelne Bäume, aber häufig auf sehr
alte
mit schütterer Krone, wo die Aufsitzerpflanzen mehr Sonnenlicht erhalten.
Wie
sehr die weit verbreiteten und in
unterschiedlichen Klimagebieten vorkommenden Tillandsien dann auch habituell
oft ziemlich stark variieren, kann man an den beiden häufigen Arten T.
schiedeana und T. ionantha gut beobachten.
T.
schiedeana besitzt in den trockenen Gebieten hellgraue, dick sukkulente
und steife Blätter bei gedrungenem Wuchs, in den niedrigeren, feuchteren
Waldgebieten in Chiapas hat die Art feine, grüne, an der Spitze fast
fädige Blätter.
Bei
T. ionantha sind in den
heißen, ariden Gebieten
die Blätter dicker,
silbrig und nahezu sukkulent. Die Pflanzen werden meist größer als die
Formen in
kühleren, feuchteren Lagen, wo sie manchmal nur wenige
Zentimeter groß sind und fast nadelartige grüne Blätter haben.
Links :T.
ionantha im Trockengebiet nahe der Pazifikküste in Michoacan, 50 m.
Rechts:
sehr kleine Form von T. ionantha bei Nanchititla, 1500 m, Mexiko
D.F.
Unten
rechts:
T. ionantha var. maior nahe Tehuantepec an der
Pazifikküste, Oaxaca.
Besonders
fällt beim Vergleich von Pflanzen verschiedener Herkünfte auf, dass die größten Formen von T. ionantha, wie
zum Beispiel die
var. maior, verhältnismäßig nahe an der Pazifikküste zu finden sind.
Viele
Tillandsienarten
sind aber auf ein kleineres Verbreitungsgebiet beschränkt. Das gilt vor allem
für die felsbewohnenden Tillandsien, die oft nur ein sehr
begrenztes Gebiet besiedelt haben oder gar nur auf einzelnen kleineren
Felsformationen vorkommen und dort endemisch sind.
An entlegenen oder nur mit Mühe zugänglichen
Felsstandorten, wie diesem auf dem Foto links, lassen sich manchmal noch Pflanzen mit
abweichender Wuchsform oder gar bisher unbekannte und dort
endemische Arten eines Formenkreises finden.
Das ist, neben eingehenden Untersuchungen
von verschiedenen Pflanzen eines Verwandtschaftskreises, auch mit ein Grund, dass in den
letzten Jahren immer wieder neue Arten sogar aus dem von
Pflanzenfreunden viel besuchten Mexiko vorgestellt wurden und immer noch
Arten zur Neubeschreibung anstehen.
An solchen Extremstandorten, wie
es große Felsblöcke oder -wände oft sind, herrschen auch Extremverhältnisse.
Abgesehen vom Fehlen jeglichen Substrates, sind die Temperaturen an den
sonnenexponierten Wänden extrem hoch, bei oft kaum
vorhandenen Niederschlägen, und es ist schwer vorzustellen, wie die
winzigen Tillandsiensamen hier überhaupt keimen können.
Rechts
: T. intermedia, hier zusammen mit Hechtia marnier-lapostollei,
ist eine der speziell hitzeverträglichen Arten, die in der Kultur
aber auch höhere Wärmeansprüche haben.
Kalkkarren
bei Maruata an der Pazifikküste, 50 m, Michoacan.
Bekanntlich haben die Epiphyten mit
ihrem relativ hohen Lichtanspruch als Aufsitzer in Baumkronen eine
ökologische Nische erobert. Manche Tillandsienarten wirkenaußerdem fast
spezialisiert darauf, in Gebieten, die eigentlich zu heiß und trocken
sind, als dass sie wachsen oder ihre Samen überhaupt keimen könnten,
doch noch ein Plätzchen zum Überleben zu finden. So kann man zum
Beispiel T. circinnatoides und T. atroviridipetala zwar im
Geäst, öfter aber auch an der Unterseite von dickeren Ästen oder, wie
auf den Abbildungen hier, auch an schattigen
Stellen von Kandelaberkakteen finden, wo sich die Feuchtigkeit aus den
geringen Niederschlägen, wie Nebel, länger hält.
T.
circinnatoides (links) und T. atroviridipetala (unten),
Huajuapan, 2400m, Oaxaca.
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