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Tillandsienvorkommen in Höhenlagen Mexikos

 

Gerade viele der in Bergwäldern wachsenden Epiphyten sind in ihrem Weiterbestand gefährdet, nicht nur durch kommerzielles Absammeln, sondern- vielleicht in noch viel größerem Ausmaß- durch Zerstörung ihrer Habitate. Die natürliche Vegetation Mexikos wurde durch Brandrodung und ackerbauliche Nutzung schon seit Jahrhunderten verändert. Tillandsia bourgaei, Oaxaca


Mehr noch als die Kakteen- und Trockensteppen sind es die Waldgebiete, die vom Klima her besser für eine Neubesiedlung, für Ackerbau und Beweidung  geeignet sind, und die großflächig weiterhin der Bevölkerungsexplosion und der industriellen Landwirtschaft zum Opfer fallen. Zusätzlich werden aus noch intakten Wäldern bestimmte Bäume zur Holzgewinnung herausgeschlägert, mit allen ihren Aufsitzerpflanzen, die dabei zu Grunde gehen. So werden oft gerade die alten Eichen gefällt, die neben Kiefern am öftesten von Tillandsien besiedelt werden. Sogar Randgebiete von Naturreservaten werden abgebrannt, und in manchen Gebieten mit ehemals ungestörtem tropischen Urwald stand nach wenigen Jahren über viele Kilometer kein einziger Baum mehr, stattdessen armselige Bretterhütten auf verwilderten Weideflächen im Sumpfgebiet. 

 

Rechts und links: T. aff. bourgaei , Chilapa, 1900 m, Guerrero,
 auf dem Restbestand eines ehemaligen Kiefernwaldes

 

 

 T.aff. bourgaei, Jalatengo, 2050 m, Oaxaca

 

Durch solche großflächigen Rodungen kommt es auch zu Klimaveränderungen. Es wird heißer und der Regen bleibt aus, weshalb manche besonders spezialisierte und von den  früheren kleinräumigen Klimabedingungen abhängige Arten an ihrem ehemaligen Fundort nicht mehr anzutreffen sind.
So wird es z.B. von T. kolbii berichtet, einer Art, die erst vor gar nicht so vielen Jahren entdeckt und neu beschrieben wurde (1981), und die offenbar bereits ausgestorben ist, da es an ihrem kleinen Verbreitungsgebiet zu trocken geworden ist.

 

So mag es manchem Pflanzenfreund wie ein kleines Wunder erscheinen, wenn er Waldgebiete, die er für sich als "Märchenwald" in Erinnerung hat, nach mehreren Jahren tatsächlich noch unzerstört wieder antrifft.

 

links: T. bourgaei ist eine der weit verbreiteten, ziemlich häufigen Trichtertillandsien; hier HR 12036 bei Temascaltepec, 1800m, Mexiko D.F.  Alle Arten aus dem Formenkreis um T. bourgaei besitzen grüne Blüten.

Rechts: Dekoratives gibt es nicht nur auf den Bäumen !

Die Zusammensetzung an Baumarten in den Wäldern ist sowohl von den Niederschlägen, als auch von der Höhe abhängig, und auch die meisten Tillandsien haben eine sehr auf eine bestimmte Höhenlage spezialisierte Verbreitung. Deshalb ist es meist völlig unterschiedlich, welche Tillandsienarten in den verschiedenen Waldtypen vorkommen. 

Die niedriger liegenden Wälder sind einer größeren Trockenheit ausgesetzt und bestehen aus Laubbäumen, wie trockenheitsangepassten Arten von Mimosen, Schirmakazien oder auch Flaschenbäumen mit sukkulenten Stämmen.  Tillandsienarten, die dieser Vegetationszone angepasst  sind, sind zumeist eher kleinwüchsig, wie die weit verbreiteten
T. juncea, T. schiedeana, T. ionantha,
T. caput-medusae ,
auch T. atroviridipetala und T. circinnatoides. 

 

Die höher gelegenen Wälder bis ca. 1700m bestehen aus Hartlaub- oder überhaupt laubabwerfenden Bäumen, häufig aus Eichen.

Charakteristisch für diese wechselfeuchten Habitate sind  größerwüchsige Tillandsien mit ihren oft geräumigen Trichterrosetten und den festen, breiten, grauen bis weißen Blättern, die die unregelmäßig anfallenden Niederschläge längere Zeit speichern können. Unter diesen Trichtertillandsien gibt es eine ganze Reihe von Arten mit imposanten, leuchtend gefärbten Blütenständen, wie zum Beispiel
T. calothyrsus, T. langlasseana und T. cossonii, oder auch die formenreiche Gruppe um T. bourgaei


Rechts und unten : Epiphytengesellschaft auf alten Eichenbäumen in den Bergen westlich der Stadt Cd. Hidalgo, 2250 m, Michoacan : T. cossonii,
T. langlasseana
und die erst seit kurzer Zeit beschriebene T. sessemocinoi
(HR 12106, die schmalblättrige, vom waagrechten Ast herabhängende Gruppe, auch im Bild links) und ein Aporocactus spec. mit leuchtend roten Blüten.

Rechts und unten : die imposanten Blütenstände von T. cossonii.

 

 

 

 

 

 

In der Höhenstufe darüber, um die 2000 m,  beginnen Mischwälder, die sich aus aus Laub- und Nadelhölzern zusammensetzen. 

 

Alles T. langlasseana (Syn. T. intumescens) ?

 

rechts - und links :T. intumescens var. brevilamina HR 12031, Temascaltepec, 2500m, Mexiko D.F.

unten: T. langlasseana, HR 12107, östl. Morelia, 2200m, Michoacan.

 

 

 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Norden des Bundesstaates Oaxaca, wo es durch Abholzungen früherer Jahrhunderte, vermutlich schon von der Spanierzeit her,  riesige landschaftsweite Erosionsgebiete mit kahler, kaum bewachsener Erdoberfläche und ausgewaschenen Flusssystemen gibt, hat sich noch der Rest eines "Märchenwaldes" mit einem größeren Eichenbestand erhalten. Die Bäume sind mit unglaublichen Mengen von
T. usneoides bewachsen, die meterweit von den Ästen herabhängen, ein Phänomen, dem man sogar in Mexiko selten und nur an wenigen, vom Kleinklima besonders begünstigten Stellen begegnet. Zwischen
den Strängen der T. usneoides leuchten
überall aus den Baumkronen die
farbenprächtigen Blütenstände der T. calothyrsus hervor - ein einzigartiges Erlebnis !

 

T. usneoides HR 15098 und T. calothyrsus HR 15097
im Eichenwald bei Morelos, 1900m, Oaxaca. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


  

Der farbenprächtige Blütenstand von T. calothyrsus
kann beinahe einen Meter hoch werden.
Morelos, 1900m, Oaxaca.

 

Seltene und begehrte Arten sowie besondere Standortformen sind immer noch durch gezieltes kommerzielles Absammeln bedroht. Dabei ist das Sammeln und aus dem Land bringen von jeglichen Pflanzen und Pflanzenteilen, so wie auch in ganz Südamerika, schon seit vielen Jahren verboten. Es scheint aber, wenn es nur in genügend großem Stil durchgeführt wird, immer noch zu funktionieren!

Davon betroffen sind aber weniger die sehr groß werdenden Arten, sondern es sind,  zusätzlich zur Baum- und Waldvernichtung,  besonders  die kleinwüchsigen Arten durch Absammeln bedroht, die seit jeher für die Liebhaber dieser Pflanzengattung die interessanteren sind, wie T. ionantha mit ihren vielen Formen, T. fuchsii, T. magnusiana, T. plumosa, die verschiedenen Formen und die neu beschriebenen Arten um T. atroviridipetala und T. mauryana und noch zahlreiche andere. 

Leider gehören dazu auch viele felswachsende Arten, die zwar von "Umgestaltungen" der Landschaft zur intensiveren Landwirtschaft weitgehend unbehelligt bleiben würden, vom gezielten professionellen Absammeln aber nicht. 

 

Links: T. plumosa ist im zentralen Hochland in Höhen zwischen 1300 m und 2400 m weit verbreitet und wächst bevorzugt in lichten Eichenwäldern, seltener auch auf Felsen.   

 

 

 

 

 

Viel kleiner ist das Verbreitungsgebiet von T. delicata (rechts). Sie besiedelt im Bundesstaat Oaxaca ein feuchteres Waldgebiet, wo sie aber in den wenigen Jahren seit ihrer Entdeckung bereits sehr dezimiert wurde.
Ihre violetten Röhrenblüten weisen auf die Verwandtschaft mit T. ionantha hin, jedoch möchte es T. delicata in der Kultur etwas feuchter als die meisten Formen von T. ionantha. Dann wächst und vermehrt sie sich auch gut und blüht regelmäßig, mit einer leuchtend roten Ähre, zum Unterschied von T. ionantha.

 


T. delicata: Oben rechts in der Natur,
die Abbildung rechts zeigt eine der Pflanzen,
die aus vor langer Zeit mitgebrachten Samen gezogen wurden.  

 

 

 

 

 

 

Links: T. carlos-hankii ist ebenfalls ein Bewohner gemäßigt feuchter Wälder in mittleren Höhen um die 2000 (- 2600)m. Leider haben viele dieser größeren Tillandsienarten die Eigenschaft, nach der Blüte keine Ableger zu produzieren, sondern nach der Samenreife abzusterben. In der Natur können aus den Samen wieder Jungpflanzen
wachsen. Die meisten dieser Arten sind aber selbststeril, und da man in Kultur kaum eine zweite gleichzeitig blühende Pflanze der selben Art haben wird, sind die oft reichlich gebildeten Samen alle nicht keimfähig und die Pflanze ist nach der Blüte, so schön diese auch sein mag, verloren.

 

Rechts : T. hromadnikiana HR 14083 liebt es ebenfalls feuchter, aber etwas wärmer als die vorherigen Arten. Zur Blütezeit färben sich die inneren Blätter des Trichters und am Blütenstandsstiel schön rot.
Verbreitet  nur in der Sierra Madre del Sur, 1300 - 2000 m, Guerrero. 

 

Links : T. macrochlamys HR 15027 ist keine häufig vorkommende Art mit einem sehr dekorativen Blütenstand. Sie liebt etwas feuchtere Lagen in höher gelegenen Wäldern.
Nevado Colima, 2400m, Colima.

 

 

 

 

Links : Vegetation mit Penstemon spec. nahe der Waldgrenze, Nevado Colima.

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechts : Eine weißblühende Spielform der kleinen, neu beschriebenen, üblicherweise grün blühenden T. caballosensis. Vegetativ ähnelt sie mit ihrer zwiebelartigen Scheinbulbe der T. ignesiae, der Blütenstand tendiert aber zu T. plumosa.
Verbreitet nur in Guerrero, Sierra Madre del Sur, 1200 - 2400 m.

 

Links: T. ignesiae ist im südwestlichen Randgebiet des zentralen Hochlandes von Jalisco bis Guerrero zu finden, sie wächst in Höhen zwischen 1600 und 2400 m sowohl epiphytisch, als auch auf Felsen. Zerstreut und ziemlich selten. Durch ihre Scheinbulbe und die relativ große, einfache Ähre als Blütenstand ist sie unter den anderen grünblühenden Arten unverwechselbar.

 

Links: T. lepidosepala wächst im zentralen Hochland epiphytisch in größeren Höhen um 1800 - 2600m in etwas feuchteren Waldgebieten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechts : Sie ist nicht nur im zentralen Hochland weit verbreitet, sondern besiedelt auch große Höhenunterschiede zwischen 800 - 2100 m: T. grandispica. 

 

 

Rechts und links : Oft ist eine sichere Bestimmung der zahlreichen größeren Arten mit ähnlichen Blütenständen kaum möglich.
Links: Tuxpan, 1800m, Michoacan.
Rechts: Barranca bei Cholula, Puebla

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Temperierte, höhere Regionen um die 2000 m bevorzugt
T. erubescens (Syn. T. benthamiana),
Puebla (
das Foto von J. Rutschmann ist leider schlecht eingescannt)

 

 

 


Links außen die seltene Varietät
T. erubescens var. patentibracteata
aus Durango.

 

Rechts : T. supermexicana var. supermexicana besitzt eine breite Trichterrosette mit grünen, überhängenden Blättern und einen hohen, schlanken und dekorativen Blütenstand. Wächst epiphytisch um die 2000 m in lichten Wäldern.

 

 

 

 

 

 

 

Tillandsia multicaulis, VeraCruz

links : T. multicaulis bei Huatusco, 1200m, VeraCruz  

Tillandsia ponderosa, Chiapas

 

links : T. ponderosa bei San Cristobal, 3000 m, Chiapas, Mexiko

 

 

 

 

 

Rechts: T. thyrsigera ist eine der großen mexikanischen Felstillandsien,
die zusammen mit dem imposanten Blütenstand an die 2 m hoch werden kann.
An verschiedenen Felsstandorten in Mexiko D.F., 2200 - 2400 m.

 

 

 

 

 

Links und unten : T. mirabilis HR 14125 ist an den senkrechten Felswänden einer engen Schlucht in Guerrero beheimatet. Der wunderbare, große Blütenstand gab der Pflanze ihren Namen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

T. prodigiosa ist vorwiegend in alten Eichenwäldern an vielen Stellen bis über 2600 m anzutreffen. Ihr schönstes Vorkommen ist aber in den Bergen östlich der Stadt Oaxaca. Diese Art blüht in der Heimat um die Weihnachtszeit, und vielfach werden Massen der dekorativen Blütenstände zusammen mit T. usneoides für die Dekoration von Weihnachtsarrangements und Innenhöfen verwendet.

 

Oben und rechts : T. prodigiosa in der Sierra de San Felipe, 2400 m, Oaxaca
 

Links : bis in über 3000 m Höhe steigt T. violacea. Unterschiede zu T. prodigiosa: die Pflanze ist kleiner, die Ähren stehen vertikal und nicht waagrecht, und die Blüten sind violett. Ähnlich ist T. sierrajuarezensis, bei der der Blütenstand aber nicht so locker und intensiv rot gefärbt ist. 

 

 

 

Auch an der oberen Verbreitungsgrenze der Tillandsien, im Eichen- Kiefern- Mischwald und darüber in den Kiefernwäldern, wachsen ganz bestimmte Arten: T.macdougallii, T. oaxacana, T. pseudooaxacana, T. violacea, T. andrieuxii und T. quaquaflorifera als eine der robustesten, von der Minimumtemperatur her gesehen. In den Nächten wird es in dieser Höhe recht kühl,  im Winter kann die Temperatur sogar bis nahe an den Gefrierpunkt (oder auch etwas darunter) fallen.

Daher haben diese Arten ganz andere Ansprüche als Tillandsien aus wärmeren Gebieten und sind in der Pflege viel heikler. Sie dürfen im Sommer höchstens im Halbschatten hängen, leiden aber trotzdem bei Hitzewellen. Andererseits können besonders die silbrigen Arten (z.B. gerade die besonders großen, kompakten Formen von T. macdougalli und die T. matudae) bei Dauerregen Schaden nehmen.

Diese Pflanzen bevorzugen auch eine recht kühle Überwinterung (Nachttemperaturen herunter bis auf 5°C sind ohne weiteres möglich und sogar günstig) mit viel frischer Luft und benötigen auch im Winter eine ausreichende Wasserversorgung durch Nebeln, die grünblättrigen Arten (T. oaxacana und pseudooaxacana, T. quaquaflorifera, T. violacea) sogar durch fallweises Tauchen. Werden sie zu warm überwintert, womöglich in stickiger Luft, überstehen sie unsere Hitzewellen im Sommer viel schwerer, auch bei ausreichenden Wassergaben, und sind dann außerdem anfällig für den Befall mit Schädlingen (Schmierläuse und Pilzinfektionen).

 

Tillandsia macdougallii, Oaxaca

Rechts: T. macdougallii auf Eichen, Morelos, 2500m, Oaxaca (Foto W. Rauh)

Rechts außen: T. macdougallii zusammen mit T. carlos-hankii und vielen Flechten, Zoquiapan, 2700m, Oaxaca.

 

 

 

 

Links: T. andrieuxii, Laguna Zempoala, 2800m, Mexiko D.F.

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechts : T. macdougallii, Morelos, 2500m, Oaxaca.

 

Erst oberhalb 2400 m beginnen reine Kiefernwälder, die bis in 4000 m Höhe reichen. Abgesehen von der mit ihren langen Nadeln besonders auffälligen Pinus ponderosa gibt es noch an die 40 weitere Kiefernarten in Mexiko.

 

 

Links und unten : Nebelwald in 3000 m Höhe, mit der grünblühenden T. quaquaflorifera, Puerto del Gallo, Guerrero.