Tillandsien
in Trockengebieten Mexikos
Obwohl
am Meer gelegen, gehört die Küstenregion mit zu den heißesten und
trockensten Gegenden Mexikos, anders als zum Beispiel in Peru, wo
der kalte Humboldtstrom zumindest in den Wintermonaten ständigen
Nebel und damit Feuchtigkeit bringt.
Die Tillandsienarten,
die hier auf den durchwegs laubabwerfenden, ausdauernden Büschen
oder niedrigen, sparrigen Bäumen, wie zum Beispiel den Bursera- Arten,
oder gar auf den sonnenexponierten Kalkfelsen wachsen, gehören zu
den hitzeresistentesten überhaupt.
Oft sind sie
vergesellschaftet mit Agaven, Hechtien und Kakteen, und zwar wachsen
hier sowohl Säulen- als auch Kugelkakteen, wie Mammillarien.
Teil
der Pflanzengesellschaft auf einem Felshang bei Maruata,
Michoacan:
Rechts: T. intermedia
HR 12189,
eine sehr große Form, die sich nur an der Basis verzweigt. Unten
zusammen mit Hechtia marnier-lapostollei
Rechts:
Agave filifera bei Maruata
Von
T. intermedia, die dem Formenkreis um
T. paucifolia (der ungültige, früher übliche Name ist T. circinnata) zuzurechnen ist, gibt es weiter im Süden noch
Formen, die
die neue Pflanze an den Enden der langen Blütenstände bilden. Da auch
die abgeblühten Pflanzen noch jahrelang intakt weiterleben, bilden sich
mit der Zeit große, lockere Gruppen, die wie Spreizklimmer in den Kronen
wachsen oder in langen Girlanden von den Ästen
herabhängen.
Aus
einem unersichtlichen Grund wurde die ohnehin gültig beschriebene T.
intermedia später nochmals beschrieben, und zwar unter dem
(ungültigen) Namen T. paucifolia var. schubertii, der als
Synonym zu betrachten ist.
Links : Girlanden der proliferierenden Form von T. intermedia
HR 12197 bei San Juan de Lima, Michoacan
Rechts:
Anscheinend das südlichste Vorkommen und die gedrungenste Form
von T. intermedia (HR 15060) an der Meeresküste bei
Acapulco, Guerrero
Eine
der unberührtesten und schönsten Fundstellen auf einem
Felsband über der Pazifikküste - unser erster und bleibender
Eindruck : "Das letzte Paradies". Eine wunderbare,
damals noch ungestörte und hoffentlich immer noch vorhandene
Pflanzengesellschaft mit T. ionantha, T. intermedia,
Hechtia marnier-lapostollei.
T.
intermedia HR 12197, T. ionantha HR 12195 an einem
naturbelassenen Felsband an der Pazifikküste.
T.
roland-gosselinii (Syn. T. maritima) muss früher, als
die Küstenvegetation noch unzerstört war, eine der häufigsten
Tillandsien dort gewesen sein. Man findet diese Art im Küstengebiet von
Jalisco und Colima an vielen Stellen immer wieder, aber
nie höher gelegen als 300 - 400 m. Im Bundesstaat Oaxaca ist sie
beinahe bis zum Isthmus von Tehuantepec zu finden. Sie wächst dort in
den Kronen des hohen Laubwaldes an der Küste (so noch vorhanden), in
Colima gab es sie zusammen mit einer großen Form von
T.
intermedia und mit T. pseudobaileyi und vielen
Orchideen auf dem dichten, an einem breiten Uferstreifen über
Kilometer bestandsbildenden Buschwerk. Leider hat allein die
Zerstörung dieses Biotopes, das innerhalb weniger Jahre Viehweiden
weichen musste, sehr zur Dezimierung
dieser prächtigen Pflanze beigetragen.
Rechts
: Die
fast kugelförmigen, steifblättrigen Rosetten der T.
roland-gosselinii färben sich in der hohen
Sonneneinstrahlung fast rot. Oben bei Careyes, Jalisco, rechts bei Cerro de Ortega,
Colima, vor der Zerstörung des Buschlandes (HR 12183).
T.
rothii (links, Foto im Bot. Garten Linz, OÖ.) ist vom Habitus und
Blütenstand her der T. roland-gosselinii sehr ähnlich, hat aber
dickere, rundliche Ähren.
Noch
einige weitere Tillandsienarten wachsen ausschließlich in
Küstennähe:
T.
jaliscomonticola mag man vielleicht vegetativ für eine sehr große Form von
T. fasciculata halten. Zur Blütezeit ist sie aber mit ihrer imposanten,
leuchtend gefärbten einzelnen Ähre unverwechselbar.
Rechts:
T. jaliscomonticola HR 15057, Pto.Vallarta, 800m, Jalisco, in Kultur
T.
xerographica ist eher aus Guatemala
bekannt. Dort wurde diese
früher stellenweise häufige Art durch professionelles
Absammeln in der Natur so gut wie
ausgerottet. In
Mexiko dagegen sind die Standorte weit
zerstreut und wenig bekannt, denn es gibt zum
Glück von dieser prächtigen Art noch immer
schöne Bestände in den Trockenwäldern mancher niedriger gelegenen Täler nahe der
Pazifikküste.
In
ihrer Heimat beginnt T. xerographica um die Weihnachtszeit zu blühen und
macht das auch in Kultur, gerade dann, wenn Temperatur (darf nie
ständig unter 15°C sein !) und Lichtintensität
für die Wärme liebende Art meistens kaum ausreichen.
Links
: T.
xerographica
HR
16080 bei Juchatengo, Oaxaca,
mit 1050 m der am höchsten gelegene Fundort.
rechts
: T.
diguetii
ist sehr selten und
nur in den Bundesstaaten Jalisco und Colima
nahe der Pazifikküste beheimatet.
Links
: T. polystachia, ziemlich häufig und verbreitet.
unten:
T. pazifica, HR 15052, nur aus der küstennahen
Umgebung von Pto. Vallarta, Jalisco, bekannt.
Rechts
:
T. mooreana HR 15054, Küstengebiet von
Jalisco südl. Pto.Vallarta, Der
ungewöhnliche Blütenstand hat
Ähnlichkeit mit T. kalmbacheri, die aber im Bundesstaat
Guerrero wächst und nicht violett, sondern grün blüht.
Überquert
man die zur Küste parallel verlaufenden Berghöhen, gelangt man in
die heiße und niederschlagsarme Region Sierra Occidental. Die verschiedenen interessanten Trichtertillandsien
in den Laubwäldern hatten wir allerdings mit durchwegs schweren
Trockenschäden an den Blattrosetten angetroffen, und sie sahen eher
tot als lebendig aus.
Auch am einzigen bekannten Fundort von
T. pamelae an einer Felswand
waren die Trichter durch die Trockenheit oder auch einen Brand schwer
geschädigt.
T.
pamelae HR 15037 am Standort in Jalisco, 1700 m hoch,
links in Kultur.
Rechts: Auch T. trauneri
HR 14033 wächst
an Felswänden in den östlichen Ausläufern der Sierra Madre Occidental,
am Rande der sehr trockenen und heißen
Senke des Rio Balsas, gemeinsam mit Agaven,
900m, Michoacan.
In
den letzten Jahren wurde von mexikanischen Botanikern der
Formenkreis um T. fasciculata eingehend untersucht und einige neue
Arten
wurden
aufgestellt. Bei der Abbildung links dürfte es sich um
T. compressa handeln.
Zwei
Neufunde an ein und dem selben Baum sind wohl eine Seltenheit:
Die in leuchtenden Farben blühende
T. macvaughii HR
12115 (leg. 1984), Paratypus
dieser erst viele Jahre später beschriebenen
Art, Bilder links und unten, sowie T. weberi HR 12117
(Abb. links unten).
Fotos
beider
Arten aus Jilotlan, 700 m, Jalisco.
T.
weberi ist eine trotz ihrer späten Entdeckung relativ weit
verbreitete Art aus der Verwandtschaft um T. paucifolia und
kommt in den Trockengebieten am Südrand der Rio Balsas- Senke in Höhen zwischen 800
m und 1100 m in mehreren Bundesstaaten vor (Jalisco,
Michoacan und Guerrero).
Während
die meisten (auch mexikanischen) Tillandsien bereits gegen Ende des
19. oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschrieben waren, zählt
auch T. guerreroensis zu den neueren, die erst seit ungefähr
25 Jahren bekannt sind. Irrtümlich (?) mit einer falscher
Standortangabe in der Erstbeschreibung, wurde diese attraktive
kleine Art dann zufällig erst nach einigen Jahren wieder gefunden.
T. guerreroensis
HR 15080 wächst
nur an einer einzigen Felswand, 300m, Guerrero
T.
makoyana hat ein weit zerstreutes Verbreitungsgebiet, bildet
aber größere Bestände nur an ihr besonders zusagenden Stellen aus.
Trockenbusch oberhalb Temascaltepec, 1700m, Mexiko D.F.
Einer
der wenigen Fundorte von T. fuchsii var. gracilis in
Mexiko (HR 12211), zusammen mit einer langblättrigen Form von T.
ionantha HR 12210 und T. caput-medusae HR 12209,
Aguas de Obispo, 900 m, Guerrero.
Auch
T. achyrostachys
und besonders die Varietät
T.
achyrostachys var. stenolepis
sind häufige Bewohner sehr
warmer und trockener Gebiete. Bei letzterer färben
sich, ebenso wie bei
T. hintoniana, einer größer
werdenden Trichtertillandsia mit eigenartig wachsig- gelbgrünem
Blütenstand, die Blätter zumindest in der trockenen
Jahreszeit leuchtend rot.
Links: T. achyrostachys,
Tomellin, 1700m, Oaxaca
Rechts
außen: T. hintoniana HR 12114 bei Uruapan, 1250m,
Michoacan.
Rechts:
T. achyrostachys var. stenolepis HR 12126, W von
Jilotlan, 1400m, Jalisco. Die Varietät wurde zwar zur Stammform
eingezogen, hat aber zu dieser eindeutige Unterschiede: Viel
schmälere, dünne Blätter, die sich kräftig rot färben,
und eine längere, viel schlankere Ähre mit schmäleren
Tragblättern, die sich bereits
während der Blütezeit blass strohig verfärben. Auch die
Verbreitungsareale überschneiden sich nicht : T.
achyrostachys var. stenolepis ist weiter im Südwesten
verbreitet als die var. achyrostachys, deren
Verbreitungsgebiet sich bis in den Bundesstaat Oaxaca
erstreckt.
T.
caput- medusae
zählt so wie T.
paucifolia zu den epiphytisch
(auf Bäumen oder Sträuchern) wachsenden Tillandsien mit sehr
weitem Verbreitungsgebiet in der südlichen Landeshälfte.
Trotzdem variieren die Pflanzen kaum, wie es eher noch bei T.
schiedeana und T. juncea zu beobachten ist, sondern
weisen sogar an ihren Extremstandorten (in 300 m bzw. 2400 m
Höhe, bei einer durchschnittlichen Verbreitungshöhe um die
1500 m) höchstens Größenunterschiede bei den erwachsenen
Pflanzen auf.
Links:
T. caput- medusae von einer Bergkuppe bei Nejapan, 1300
m, Oaxaca.
Auf dem niedrigen, zerstreuten Buschwald dort
gab es früher neben T. fasciculata, T. plumosa, T.
nidus und T.
polystachia auch T. fuchsii var. fuchsii und ein
Massenvorkommen der als "Haselnuss" bekannten T.
ionantha var. stricta f. fastigiata. Nachdem dieser Standort
über viele Jahre systematisch von gewissenlosen
Geschäftemachern geplündert wurde, dürfte der Bestand dieser
wunderbaren Naturform dort nahezu erloschen sein.
Rechts: T. ionantha var. stricta f.
fastigiata am Naturstandort
Unten:
T. fuchsii var. fuchsii bei Nejapan, 1300m, Oaxaca
Rechts:
T. ionantha var. stricta f. fastigiata
(Haselnuss- Form) und
Unten:
T. fuchsii var. fuchsii nach vielen Jahren in Kultur.
Auch
die große Gruppe der grünblühenden Kleintillandsien aus Mexiko,
die auch die altbekannten Arten T. plumosa, T. atroviridipetala
und T. mauryana umfasst, erlebte eine genaue Erforschung und
die Neubeschreibung einiger Arten und Formen.
Unten
- nach den sehr langen Ähren benannt - T. grandispica HR
12069, Tuxpan, 1700m, Michoacan
Rechts
und unten Mitte:
T. atroviridipetala
var. yagulensis
ist eine besonders schöne, große
felswachsende Form, 1500m, Oaxaca
Rechts
: T. mauryana, Los Venados, 1200m, Hidalgo
Mitte:
T. atroviridipetala var. yagulensis, 1500m, Oaxaca
Links
und unten : Auch
die kleine "Tonala-Kralle" hat nach ihrem Fundort, dem Cañon El
Boqueron, ihren Namen bekommen: T. boqueronensis, Tonala, 1400m, Oaxaca.
Die
meisten dieser Tillandsien, die aus wärmeren, trockeneren Gebieten
kommen, lassen sich bei uns bei halbwegs passenden
Kulturbedingungen, zum Beispiel in einem temperierten Wintergarten
oder in einem Gewächshaus, auch zusammen mit Kakteen, ohne Probleme
jahrelang pflegen. Ausnahme sind einige wenige Arten aus niedrigen
und sehr heißen Lagen,
die
auch in Kultur im Winter höhere Temperaturen bei großer
Lichtintensität benötigen, wie T.
xerographica und T. intermedia.
So
sind auch die beiden kleiner bleibenden, felswachsenden Arten T.
pueblensis oder ihre, durch die samtig-weiße Beschuppung noch
attraktivere "Schwester", T. mitlaensis, als
Pfleglinge an einem sonnigen Platz in den Sammlungen eine
Augenweide.
Rechts:
T. mitlaensis und eine abgeblühte T. fasciculata
bei Mitla,1600m, Oaxaca.
Nach eingehenden Untersuchungen des Formenkreises um
T.
fasciculata durch mexikanische Botaniker erfolgte die
Aufstellung einiger neuer Arten.
Abb.
rechts: T. inopinata, Palmasola, VeraCruz.
In
Ermangelung von genügend oder geeigneten Bäumen werden von einigen
epiphytisch wachsenden Tillandsienarten auch die Säulen der
Kandelaberkakteen besiedelt, die außerdem noch vor zu starker,
ganztägiger Sonneneinstrahlung schützen.
Auf
Kakteen wurden u. a. gesehen: T. makoyana und die vegetativ
ähnlichen T. dasyliriifolia und T. califani, T.
recurvata, T. schiedeana, T. atroviridipetala und häufig auch T.
circinnatoides.
T.
circinnatoides ist eine Art, die große Trockenheit erträgt oder sogar braucht. Sie wächst oft zusammen mit T.
paucifolia, mit der sie auch häufig hybridisiert.
Rechts und unten: T. circinnatoides HR
14116, 1500m, Milpillas, Guerrero
Auch für felswachsende Tillandsien wird der Platz anscheinend
manchmal
knapp, wie für die große Form von T. rodrigueziana aus
Guelatao, 1900m, Oaxaca. - Rechts -
-
- - -
also
werden, wie unten, bei Guelatao auch die Mauerreste besiedelt
Eine
für die Kultur sehr geschätzte kleine Art, problemlos und
durch die reichliche Ablegerbildung gut zu vermehren - wenn man
Geduld hat :
T.
schatzlii HR 14302, oberhalb Tomellin, 2000 m, Oaxaca
Abweichende
Formen bekannter Arten oder sehr seltene Pflanzen finden sich
manchmal auf einzeln stehenden Felsformationen, wie sie die
Abbildung unten zeigt, oder auch auf besonders exponierten
Vegetationsinseln mit anderen Pflanzen, als sie in der Umgebung
vorkommen.
Nur
von wenigen Stellen im Bundesstaat Oaxaca ist T. roseoscapa mit ihrem
hohen, aufrechten Blütenstand bekannt. Hier wachsen die weißen,
terrestrischen Rosetten zusammen mit Agaven.
Rechts: T. roseoscapa HR
16111, Miahuatlan, 2100m, Oaxaca.
Links: T.
supermexicana var. saxicola HR 14127, Petatlan, 2000m, Guerrero. Ein beinahe
identischer, aber gedrungenerer Blütenstand als bei der epiphytisch mit
grünblättrigen Trichtern in feuchteren Wäldern wachsenden T. supermexicana.
Weitere Unterschiede: die Rosette ist schmäler, mit dicken Blättern und
reichlicher Bildung von Adventivkindeln.
rechts außen
und unten :
auch T. callichroma
HR 16110 besiedelt nur
einen kleinen Felsabschnitt bei Miahuatlan, 2100m, Oaxaca
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